Ich bin keine schlechte Mutter, nur weil ich arbeiten gehe - hört auf, mich dafür zu verurteilen

BLOG  von Sandra Dibbern, alleinerziehende Mutter, Flugbegleiterin, Bloggerin

Eigentlich leben wir noch immer wie in der Steinzeit. Männer gehen jagen. Frauen bleiben zu Hause. Sobald das erste Kind da ist, ist unsere Rolle klar. Wir sind ab jetzt Mutter und Hausfrau. Und falls wir auf andere Ideen kommen, wie zum Beispiel wieder früh arbeiten gehen, wird uns schnell ein Stempel aufgedrückt. Wie kann die nur? So eine Rabenmutter!

Ich bin eine von diesen Müttern. Als ich 31 Jahre alt war, kam meine Tochter zur Welt. Nach zwei Jahren wollte ich wieder in Teilzeit arbeiten. Das hatte zum einen finanzielle Gründe, zum anderen liebte ich meinen Beruf als Flugbegleiterin.

Meine Mutter hat mir ein anderes Frauenbild vorgelebt

Doch als ich wieder ins Berufsleben einstieg, musste ich mir aus meinem Umfeld viele seltsame Kommentare anhören: “Wie kannst du nur diesen Job machen? Du musst doch bei deinem Kind sein? Wenn etwas passiert, sitzt du gerade im Flugzeug und kannst nicht zu deiner Tochter.” Dass es auch noch den Vater gab und seine Familie sogar in der Nähe wohnte, interessierte niemanden. Ich war der Buhmann.

Ich bin in den neuen Bundesländern groß geworden. Da gab es die Bezeichnung Mutter und Hausfrau nicht. Nach spätestens einem Jahr sind Mütter wieder arbeiten gegangen. Das war selbstverständlich. Mit diesem Verständnis von Muttersein bin ich aufgewachsen. Daher hätte ich nie erwartet, dass ich so viel Gegenwind zu spüren bekommen würde, wenn ich selbst wieder arbeiten gehe.

Die Reaktionen aus meinem Umfeld kommen mir sehr veraltet und konservativ vor. Nur weil ich meine Arbeit liebe, heißt das ja nicht, dass meine Tochter mir nicht wichtig ist. Ganz im Gegenteil. Sie steht an erster Stelle und ich würde immer zu Hause bleiben, wenn sie mich braucht.

Trotzdem liebe ich meinen Job und meine Unabhängigkeit. Ich will weder von einem Mann noch vom Staat abhängig sein. Doch bei vielen Müttern ist das die Realität. Würden sie sich trennen, hätten sie nichts. Sie haben jahrelang ihrem Mann den Rücken frei gehalten und sich dabei aufgegeben. Genau das wollte ich nie.

Ich habe meinen Alltag gut organisiert

Heute bin ich alleinerziehend und die Vorwürfe sind nicht weniger geworden. Viele Bekannte schütteln den Kopf, weil ich mich als Mutter von meinem Mann getrennt habe. Sätze wie “Du musst doch die Familie zusammenhalten!”, höre ich oft. Meine Antwort: “Nein muss ich nicht”.

Nach der Trennung sagte mir mein Ex-Mann, ich könne meinen Job jetzt an den Nagel hängen. Denn als Alleinerziehende würde ich das sicher nicht auf die Reihe kriegen. Aber ich habe meinen Alltag gut organisiert und mich gut vernetzt. Und es funktioniert. Ich wollte nicht unglücklich sein.

Ich wollte mich verwirklichen, nicht nur Hausfrau und Mutter sein, sondern auch eine erfolgreiche Frau. Ich bin froh, dass ich diesen Weg gegangen bin. Die Reaktionen, mit denen ich ständig zu kämpfen habe, zeigen, dass Frauen in Deutschland noch lange nicht emanzipiert sind. Wir müssen uns einfach stärker machen.

Der Text wurde von Katharina Hoch verfasst.

TextKatharina Hoch
FotografieiStock
MediumHuffPost
Datum2017
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